DAS HOTEL
Die Pläne zur Errichtung eines neuen Hotels werden zur Freude der Verhinderer zur Gänze fallen gelassen. Statt dessen wird ein schwimmendes Hotel gebaut, das in Passivbauweise errichtet wird und ausschließlich mit Solarenergie fährt. Die Montage in Modulbauweise schafft zusätzlich Arbeitsplätze in einer Gmundner Werft.
Für die Hotelgäste wird im Naturschutzgebiet Hollereck (wo denn sonst?) ein Großparkplatz errichtet, der auch Besuchern der Traunseeorte zur Verfügung steht. Während der stundenlangen Überfahrt mit dem Schiff können auch Einheimische das Wellnessangebot sowie das Hallenbad des Schiffes benützen. Kein Einheimischer muss den Gästen dienen – nein, eine Besatzung aus aller Herren Billiglohnländer sorgt für internationales Flair an Bord. Da kommt Kreuzfahrtstimmung auf!
Den Bug des Schiffes ziert als Gallionsfigur eine vergoldete Büste des amtierenden Gmundner Bürgermeisters. Auf dem Rauchfang stehen in gusseisernen Buchstaben die Wahlversprechen der vergangenen Jahrzehnte, die sich in Schall und Rauch aufgelöst haben.
Das schwimmende Hotel verkehrt regelmäßig zwischen Parkplatz, Seilbahn, Therme und den Traunseeorten. Dadurch sind die Gmundner Geschäftsleute gezwungen, endlich einmal einheitliche Geschäftszeiten einzuführen.
DIE SEILBAHN
Das Problem der Unterlieger wird elegant umgangen, indem die Talstation aufgelassen und eine neue Station auf dem Traunstein im Bereich Gmundner Hütte errichtet wird. Die Gondeln schweben ohne Stützen von Gipfel zu Gipfel und erhalten gläserne Böden. So können die abgehobenen Gmundner bei jeder Fahrt erkennen, wie hoch sie über den Dingen schweben.
Den Zubringerdienst vom Tal besorgt der steilste Schrägaufzug der Welt von der Station „Unterm Stein“. Für eine aufregende Fahrt entlang der Nordwände des Traunsteins wird garantiert. Direkt unter der Bahn wird ein Extremklettersteig in den Felsen gebohrt. Bergungen abgestürzter Kletterer werden direkt aus den Gondeln ermöglicht und sparen so etliche Hubschraubereinsätze. Bei Lebendbergungen freuen sich die Bergretter über anerkennenden Applaus der Passagiere.
Der Klettersteig wird nachts gespenstisch beleuchtet und sorgt so für einen ungeheuren Werbeeffekt, der im ganzen Land sichtbar ist und den Stern der ehemaligen Grünbergseilbahn vergessen lässt. Im Winter entsteht ein kleines, aber exklusives Schigebiet zwischen Gmundner Hütte und Naturfreundehaus. Die Wintersportler können mit Genuss auf den Traunseenebel blicken, der sich wohl aus den rauchenden Köpfen der Politiker bildet.
Wem der Nervenkitzel der Traunsteinauffahrt nicht genügt, kann sein Fahrzeug auf dem neu errichteten Parkplatz Gschliefgraben abstellen. Die permanente Rutschgefahr des Grabens sorgt dort durchgehend für Spannung.
DIE THERME
Bis zum Spatenstich der Therme vergehen Jahrzehnte und der Klimawandel ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass der Traunsee meist Badewannentemperatur hat und sich die Badegäste nach Abkühlung sehnen. Daher wird Unterm Stein ein Felsenbad in den Berg gesprengt, wo sich die Badenden direkt in der acht Grad kühlen Traunsteinquelle erfrischen können. Wem das zu kalt ist, springt einfach in den nahe gelegenen See. Die Gäste parken auf dem schon erwähnten Parkplatz „Gschliefgraben“, zusätzlich ist eine unterirdische Garage im Traunstein vorgesehen. Um die Traunsteinstraße zu entlasten, ist geplant, eine unterirdische Verbindung zum geplanten Seetunnel zu graben. Jeweils am Glöcklertag, dem 5. Jänner bei Schlechtwetter wird dieser Tunnel für Fahrzeuge gesperrt, um den vom Moaristidl kommenden Glöcklern zu ermöglichen, am Stadtplatz mit intakten Kappen einzulaufen. Musikexperten sind schon neugierig, wie „Oh Wunna über Wunna“ in der Röhre klingt.
INNENSTADT
Die im Jahre Zweitausendirgendwann gebaute Ostumfahrung, die rigorose Parkraumbewirtschaftung durch die Gemeinde und das Fehlen ehemals vorhandener Geschäfte haben die Innenstadt vollkommen beruhigt und als Alterswohnsitz für betuchte Pensionisten beliebt gemacht. Auch gestresste Manager aus den nahen Wirtschaftsmetropolen Laakirchen, Lindach und Vorchdorf entdecken zunehmend die ungestörte Stille der Stadt, die nur zeitweise vom Klicken der Fotoapparate der „Kreuzfahrer“ gestört wird.
STRASSENBAHN
Die jahrelang diskutierte Verlängerung der Straßenbahn wird aus finanziellen Gründen wohl ins nächste Jahrhundert verschoben werden müssen. Probeweise verkehrt ein umweltfreundlicher Rikschadienst zwischen Haltestelle und wieder errichtetem Seebahnhof. Alternativ verkehren Wassertaxis, die auch eine schnelle Verbindung zum schwimmenden Hotel herstellen. An heißen Tagen fahren die Boote zur Erfrischung der Fahrgäste ohne Aufpreis durch den Sprühnebel des Gmundner Springbrunnens. An dieser Stelle können die Passagiere freundlich den Politikern im Rathaus zuwinken, die das alles ermöglicht oder versprochen haben.
Robert Kaiser
Eck 11
4810 Gmunden
Gratulation zu diesem ausgezeichnetem Bericht! So stell ich mir Gmunden vor!!!
Leider kann man Politik nur noch mit Humor ertragen.
Echt witzig.
Danke für diesen Artikel, hat mir echt den Start in den Tag verschönert!
Leider ist es mittlerweile so weit, dass man diese Farce in Gmunden tatsächlich nur noch mit Humor auffassen kann (was eigentlich wirklich traurig ist). Und das ist hier sehr gut gelungen :)