Ein wie vergessen auf der Bühne stehender Stuhl, ein schwarzer Aktenkoffer, ein rank-schlanker, gepflegter, seriös gekleideter (mit Pullunder und Krawatte) Verbalsolist — das waren schlichtweg die spartanischen Ingredienzien der Bühnendekoration für einen mitreißenden „akademischen“ Kabarettabend, den der gebürtige Pinsdorfer und jetzt in München lebende „Advokat“ Ludwig Müller beim Kultursommer unter dem sinnigen Titel „Der Paragrafenreiter“ spielte.
Die „Heimspiel-Atmosphäre“ ließ den Künstler zu einer Sonderform auflaufen. Kaum einmal ist der Publikumsandrang bei einer Ku-So-Veranstaltung dermaßen enorm als es diesmal der Fall war und etliche „Spätzünder“ keinen Einlass mehr in den Saal der Berufsschule im Schloss Ebenzweier fanden. Ein in einer oö. Tagszeitung am Tag zuvor erschienenes knalliges Interview dürfte das Interesse zusätzlich gepuscht haben. Ludwig Müller hat sich für seinen Auftritt in Altmünster offenbar den Wunsch seiner Mutter, nicht zu oft „scheiße“ zu sagen, zu Herzen genommen – es kam an diesem Abend nur dreimal über seine Lippen …
Unappetitlichkeiten, Griff unter die Gürtellinie und Plattitüden, Anleihen aus der Floskel-Deponie und dem aktuellen Schlagzeilen-Gebrüll des Boulevards scheinen überhaupt aus seinen Texten verbannt. Weil er von Ideen und Einfällen strotzt fällt ihm der Verzicht auf abgelutschte Kalauer und Schnurren leicht. LM verfügt auch so über genug Sprachwitz und findet in der Juristerei reichlich Absurdi- resp. Skurrilitäten um sie unverbrämt der Lächerlichkeit preiszugeben. Sprühender Esprit der mit stakkatoartigen Worttiraden zum Publikum kommt und ob der Schnelle so manch Pointe freilich zum „Sickerwitz“ verkommen lässt.
Ludwig Müller, gelernter Jurist, der aber sehr bald entdeckte, dass die trockene Materie des Gerichtes und des Aktenstudiums nicht auf ewig das Seine war, kam durch Zufall in die Kabarettschiene, als er bei einer Autorenlesung als „Ersatz“ auftrat. Aus ihm wurde so Dr. Ferdinand Just, der im Kleingedruckten seines vormaligen Arbeitsfeldes fischt und etliche wohldosierte, staubzuckerfreie Seitenhiebe auf seinen Berufsstand herausfiletiert („… wer zwei linke Hände hat soll die Rechte studieren!“). Und das alles mit spontanen Wortgefügen und geistiger Behändigkeit aus sich heraussprudeln lässt. Beeindruckend sind die Konzentration und der nie stockende Redefluss.
Mimik, Gestik, Gebärden ergänzen die ungestylten Texte, unterstreichen sie. Einsame Spitze sind Ludwig Müllers Schüttelreime von denen der Kabarettist etliche aus seinen Büchern zur wirksamen Kaufanimation ausstreute. Erst nach zwei Draufgaben (köstlich das eruptive Handytelefonat in offenbar imitiertem Arabisch) durfte der „Dr. Humoris“ von der Bühne, bei seinen Zuhörern ein kleines „Darmolet“ hinterlassend!
Foto: Erwin Moser