Eine ungewöhnliche Sommer-Baustelle nimmt dieser Tage ihren Betrieb im Salzkammergut auf: Auf Initiative der Österreichischen Bundesforste (ÖBf) und des Landes Oberösterreich werden 77 Hochmoore zwischen Totem Gebirge, Dachstein und Wolfgangsee untersucht und einige mit baulichen Maßnahmen wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt.
„Moore sind“, so Georg Erlacher, Vorstandssprecher der Österreichischen Bundesforste, „nicht nur wertvolle Ökosysteme und Hotspots der Artenvielfalt, sondern spielen auch als CO2 ‑Speicher eine große Rolle. Ein Hektar intaktes Moor speichert rund 1,5 Tonnen CO2 pro Jahr — in etwa so viel, wie ein Jahr Autofahren im Durchschnitt verursacht.“ Auch als Wasserspeicher erfüllen Moore eine wichtige Funktion: Sie können einem Schwamm gleich gewaltige Wassermengen aufnehmen und wirken regulierend bei Starkregen.
„Moore sind „natürliche Archive“ und Zeugen der Vergangenheit – in ihren uralten Torfschichten sind die Klimaverhältnisse und die wechselnden Lebensformen seit der letzten Eiszeit konserviert und „gespeichert““, freut sich Erlacher über das außergewöhnliche Renaturierungsprojekt.
90% der Feuchtbiotope verloren
In den letzten Jahrhunderten sind viele Moore entwässert worden, um Weide‑, Verkehrs- und Siedlungsflächen zu schaffen oder um Torf abzubauen. 90% der Feuchtbiotope in Österreich gingen dabei verloren. Im Salzkammergut sind zahlreiche Moore erhalten geblieben, viele davon in gutem Zustand, jedoch nicht unbeeinflusst von Menschenhand. „Die Wiederherstellung der Moore im Inneren Salzkammergut ist unser bisher größtes Hochmoor-Renaturierungsprojekt“, so Georg Erlacher.
Die Österreichischen Bundesforste sind Projektträger gemeinsam mit dem Land Oberösterreich, das mehr als die Hälfte des Projektes finanziert. Zusätzliche Mittel wurden über EU-Förderungen aufgebracht. Das Projektvolumen beträgt 800.000 Euro, das Projekt läuft über 5 Jahre.
Staudämme aus Lärchenholz
Ziel der Renaturierungsarbeiten ist die Wiederherstellung des Wasserhaushalts, um die Hochmoore vor dem Austrocknen zu schützen. Die Arbeiten werden in den Sommermonaten durchgeführt, wenn die Böden ausreichend begehbar sind.
„Zur Wiedervernässung der Moore werden Holzdämme aus Lärchenholz errichtet“, erklärt Erlacher. Der Wasserabfluss soll so verlangsamt und der Wasserspiegel angehoben werden. Durch das Anheben des Wasserstandes wird das Torfmooswachstum angeregt, das für den Torfaufbau verantwortlich ist. „Insgesamt werden 82 Spundwände aus Lärchenholz errichtet“, so Erlacher. Im Bereich des Pitzingmoos (zwischen Bad Ischl und Altaussee) muss ein Wanderweg auf einer Länge von rund 1 Kilometer aus dem sensiblen Moor an den Waldrand verlegt werden.
Durchgeführt werden die Arbeiten von Fachexperten der Bundesforste aus den Bereichen forstliche Dienstleistung, Naturraummanagement und Forsttechnik in Zusammenarbeit mit regionalen Unternehmen und dem Bildungszentrum Salzkammergut. Ende 2012 werden die technischen Arbeiten wie die Maßnahmen zur Wiedervernässung weitestgehend abgeschlossen sein.
Wissenschaftliche Untersuchungen und Vorerhebungen
Vor Beginn der Bauarbeiten wurden umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. So wurden an einigen Mooren zoologischen Erhebungen vorgenommen, mit Hilfe von Laserscanning digitale Geländemodelle erstellt und über automatische Messpegel die Moorwasserstände gemessen. Zwei Niederschlags-Messstationen zeichneten die Niederschläge und den Moorwasserspiegel im Zwei-Stunden-Takt auf.
An zwei Mooren wird der Wasserstand mit 40 automatischen Messpegeln über einen Langzeitraum beobachtet. Ein zusätzliches geologisches Gutachten überprüfte die Standfestigkeit der Moore im Gebiet rund um Gosau. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt vom international renommierten Biologen und Moorexperten Gert Michael Steiner, Professor an der Universität Wien.
Moore als Lebensraum für seltene Pflanzen und Tiere
Moore sind ein unersetzlicher Lebensraum für viele, heute bereits selten gewordenen Tier- und Pflanzenarten. Nicht wenige „Moorbewohner“ finden sich auf der Roten Liste wie der Sonnentau, die Moosbeere oder die Zwergbirke. Typisch für ihre Fauna sind die Moorlibelle und der Moorfrosch sowie zahlreiche Reptilien wie Bergeidechse, Kreuzotter, Tagfalter und Spinnen.
So wurden auch bei den zoologischen Erhebungen im Salzkammergut Spinnen- und Wanzenarten, Schmetterlinge, Libellen und Wasserorganismen festgestellt und untersucht. Informationstafeln rund um die Moore bringen allen NaturbesucherInnen die Funktionsweise eines Moores näher und machen die Sinnhaftigkeit von Moorschutz bewusst.
474 Moore österreichweit unter Schutz
Die Österreichischen Bundesforste engagieren sich bereits seit knapp 20 Jahren aktiv für den Moorschutz. Anlässlich des vom Umweltministerium ausgerufenen „Jahres der Feuchtgebiete“ stellten die Bundesforste bereits 1993 alle ihre 474 Moore mit einer Gesamtfläche von 1.700 Hektar unter Schutz.
Seitdem wurden zahlreiche Renaturierungsprojekte umgesetzt wie etwa im Haslauer Moor (Waldviertel) oder im Überlingmoos in Tamsweg (Lungau). Gemeinsam mit dem WWF brachten die ÖBf die Broschüre „Aktiv für Moore – Schutz und Renaturierung österreichischer Moore“ heraus sowie jüngst, in Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt und WWF, die Studie „Moore im Klimawandel“. Beide Publikationen sind auf der Webseite