“Ein ausreichendes palliatives Angebot muss Schwerpunkt der Gesundheitspolitik sein”, erklärt heute Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer bei der Eröffnung des 4. Interdisziplinären Palliativkongresses in Gmunden. “Palliative Angebote sind einerseits die Antwort auf den Wunsch vieler, zuhause zu sterben und andererseits eine überzeugende Alternative zur aktiven Sterbehilfe, die wir ablehnen”, so Pühringer.
Pühringer begrüßte die Entwicklung der letzten Jahrzehnte, in der die palliative Idee wieder an Bedeutung gewonnen hat. Heute ist die Hospiz-Bewegung zu einem Fixpunkt der Gesundheitssysteme in der westlichen Welt geworden.
Die Palliativversorgung kümmert sich nicht nur um die körperlichen Beschwerden der Patientinnen und Patienten, sondern um alles, was größtmögliches Wohlbefinden ausmacht. In der Begleitung und Betreuung wird den schwer kranken und sterbenden Menschen und deren Angehörigen auf körperlicher, seelischer und sozialer Ebene begegnet. Betroffene und Angehörige bestimmen selbst, welchen Weg sie gehen wollen und wie intensiv sie begleitet werden wollen.
Der ganzheitliche Anspruch der Palliativversorgung wird durch interdisziplinäre Zusammenarbeit unterschiedlicher Personen (Ärzte, Personen des gehobenen Dienstes für Gesundheit und Krankenpflege, mit Zusatzausbildung im Palliativbereich und geschulte ehrenamtlich tätige Personen) sicher gestellt.
Pühringer dankte in diesem Zusammenhang allen, die sich haupt- oder ehrenamtlich für diese wichtige Aufgabe zur Verfügung stellen. Veranstalter dieses Kongresses ist die Österreichische Palliativgesellschaft, die sich als multiprofessionelle wissenschaftliche Vereinigung versteht. Sie unterstützt Initiativen in den Bereichen Forschung, Fortbildung und praktische Ausübung von Palliative Care mit dem Ziel der Stärkung der einzelnen Disziplinen und ihrer Interprofessionalität.
„Auf dem Weg – Palliativversorgung in den Alltag!“
Österreichischer Interdisziplinärer Palliativkongress, noch bis 20. 4. im Toscana Congress Gmunden
Bei diesem Kongress werden über 1.000 Teilnehmende erwartet, die aus verschiedensten Berufsgruppen kommen und gemeinsam zu aktuellen Trends und der Weiterentwicklung von Palliative Care arbeiten.
Lebendiger Erfahrungsaustausch
In der Palliative Care wichtig ist die intensive Kommunikation und Zusammenarbeit verschiedenster Berufsgruppen aus dem Gesundheits- und Sozialbereich. Denn es geht nicht nur um die optimale stationäre sowie ambulante medizinische und pflegerische Versorgung, sehr wichtige Rollen übernehmen oft ebenso die Sozialarbeit, Psychologie und Psychotherapie, Ergo- und PhysiotherapeutInnen oder MitarbeiterInnen von Religionsgemeinschaften.
Zielgruppen sind dabei die Patienten, ihre Angehörige und andere nahestehende Personen und ebenso z. B. MitarbeiterInnen in Pflegeheimen oder Personen die sonstige unterstützende Tätigkeiten übernehmen. Ein wichtiges gemeinsames Ziel ist die Verbesserung der Lebensqualität aller Beteiligten – diese Aufgabe kann nur gemeinsam angegangen werden, gerade weil es so stark um Information und Kommunikation geht. Darum sind beim OPG-Kongress der Erfahrungsaustausch zwischen verschiedenen Berufsgruppen sowie das gemeinsame Nachdenken zu aktuellen Themen wesentliche Gestaltungselemente.
So setzen wir auch Open Space ein, um dieses multidisziplinäre Arbeiten zu unterstützen. Gefördert wird so ein aufeinander Hinhören und das respektvolle Begegnen von vielleicht auf den ersten Blick kontroversiellen Haltungen. Die letzte Lebensphase ist in vieler Hinsicht ein heikles Themenfeld, das nach wie vor mit vielen Tabus und Angst verbunden ist. Ziel des Kongresses ist weiters, einander zu stärken und zu unterstützen. Ein Tag des Palliativkongresses, der Donnerstag, steht im Zeichen der Ehrenamtlichkeit – ohne das freiwillige Engagement wäre die Arbeit der mobilen Hosizteams undenkbar, gleichzeitig spielen sie auch eine wichtige Rolle auf Palliativstationen und ebenso in Pflegeheimen.
Übergängen in den Alltag aktiv gestalten
Univ. Prof. Dr. Herbert Watzke, Vorsitzender der OPG, Professor für Palliativmedizin an der Medizinischen Universität Wien
Das „…in den Alltag“ im Tagungstitel hat für mich verschiedene Aspekte. Ein wesentlicher ist die aktive Gestaltung der Übergänge zwischen der Versorgung im Spital und Versorgung zuhause oder in einem Pflegeheim. Zentrales Ziel der Betreuung auf der Palliativstation oder im Palliativkonsiliardienst ist, Menschen die Rückkehr in diesen Alltag so gut und einfach wie möglich vorzubereiten. Leider kommt es nach wie vor immer wieder vor, dass Sterbende im wahrsten Sinn des Wortes in allerletzter Minute in das Spital gebracht werden.
Auslöser dafür können Angst, Unsicherheit, Überforderung und unzureichende Informationen von Angehörigen sein und ethische Bedenken sein. Die meisten Menschen möchten lieber im gewohnten Umfeld sterben. Dazu braucht es eine gut vernetzte Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Ärztinnen, verschiedenen mobilen Betreuungsdiensten und Pflegeheimen. Dies hat auch mit einem zweiten für mich wichtigen Aspekt von „…in den Alltag“ zu tun:
Für alle zuvor genannten Berufsgruppen ist die Weiterbildung zum Thema ein wichtiger Aspekt – auch hier setzt der OPG-Kongress Akzente, die nachhaltig wirken sollen – so wird gemeinsam mit dem Referat für Palliativmedizin der oberösterreichischen Ärztekammer und der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse am Samstag eine Weiterbildung speziell für Ärzte angeboten. Die Arbeit in Palliative Care fordert eine eigene Haltung und Grundeinstellung dem leidenden Menschen gegenüber. Es bedarf aber auch eines fundierten Wissens und erworbener Fertigkeiten aus der medizinischen, pflegerischen, psychologischen und seelsorgerischen Perspektive.
Die menschliche Begleitung in der letzten Lebensphase eines Patienten braucht die Expertise von engagierten BetreuerInnen im stationären und mobilen Bereich. In Österreich gibt es gerade in diesen Feldern noch großen Nachholbedarf, auch in Hinblick auf eine verlässliche Finanzierung. Noch ein dritter Aspekt zu „…in den Alltag“: Sterben ist ein Teil unseres Lebens – die bewusste Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit führt uns immer wieder ins zurück ins eigene Leben hier und jetzt. Denn gerade hier geht es tiefgreifend um eigene Wünsche und Bedürfnisse, um eine bewusste Gestaltung des Lebens, sodass am Ende auch eine positive Bilanz möglich ist.
Aus Anlass des OPG-Kongress ist mir noch wichtig auf die nach wie vor unerfüllte Forderung nach einem Facharzt für Palliative Care zu wiederholen. Dies wäre ein wichtiger Schritt um in dieses Feld noch mehr Expertise zu holen.
Wichtiger Übergang in die Regelversorgung
MR Dr. Wolfgang Wiesmayr
Tagungspräsidium Arzt für Allgemeinmedizin und Leiter des Mobilen Palliativteams Salzkammergut
Referat Palliativmedizin der oö. Ärztekammer
Durch die Zusicherung des Ausbaus der Mobilen Palliativteams, der im vollen Gange ist, in Oberösterreich ein entscheidender Schritt zur Sicherstellung der abgesicherten Versorgung mit Hospiz- und Palliative Care-Versorgung gelungen. Solche Schritte wären auch in anderen Bundesländern wichtig zudem müssten solche Projekte fixer Teil der Regelversorgung werden, immerhin ist Palliative Care ja auch inzwischen ein Thema des Österreichischen Strukturplan Gesundheit. Der Übergang in die Regelversorgung würde bedeuten, dass die oft sehr mühsamen Diskussionen, was nun wie lange und von wem im welchem Ausmaß finanziert werden soll, aufhören würden.
Dies würde auch zu einer höheren Qualität führen, weil vorausschauendes Planen kein Fremdwort mehr ist. Wichtige Schritte in diese Richtung, neben dem Ausbau Mobiler Palliativteams, sind die finanzielle und strukturelle Absicherung hauptberuflicher Koordinatoren mobiler Hospizteams, der Ausbau von Konsiliarpalliativdiensten sowie die Fortführung der Überlegungen zum Aufbau eines Hospizes z. B. in Oberösterreich. Beim OPG-Kongress geht es zudem um Maßnahmen und Strukturen für spezielle Zielgruppen in der Versorgung: Hochbetagte Menschen, bei denen oft das viele Krankheiten gleichzeitig vorliegen und dementielle Symptome dazu kommen. Weiters Kinder und Jugendliche – auch sie können von unheilbaren, lebensbegrenzenden und lebensbedrohlichen Erkrankungen betroffen sein.
Sie und ihr zugehöriges Umfeld brauchen ein auf sie spezialisiertes, auf ihre Bedürfnisse abgestimmtes, umfassendes Unterstützungsangebot. Bei der Betreuung von Menschen mit Beeinträchtigung in der letzten Lebensphase gibt es bislang noch wenig Erfahrungen, gerade darum ist es wichtig, hier gemeinsam an Modellen zu arbeiten.
Anspruchsvolle Versorgung auf Schiene
Mag. Dr. Andrea Wesenauer, Direktorin der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse
Mit dem „Pilotprojekt Palliativversorgung“ haben die Ärztekammer OÖ und die OÖGKK 2010 gemeinsam ein ambitioniertes Ziel vereinbart: Die bestmögliche Linderung des Leidens der Palliativpatienten vor Ort – um ein Verbleiben zu Hause oder im Pflegeheim möglichst lange zu gewährleisten. Denn Krankenhausaufenthalte stellen für die Patienten eine besondere Belastung dar. Weiteres Ziel: Die frühestmögliche Entlassungen aus Akutabteilungen.
Dazu OÖGKK-Direktorin Andrea Wesenauer: „Wir freuen uns, dass die gemeinsamen Maßnahmen jetzt in den Regelbetrieb übergehen: Knapp 50 Vertragsärzte der OÖGKK werden damit auch in Zukunft hochwertige Betreuungsleistungen für Palliativpatienten erbringen können. Bereits während des Piloten haben rund 450 Menschen in schwierigen Situationen Hilfe erhalten. Für die Fortsetzung im Regelbetrieb war uns wichtig, dass wir auch komplexe ärztliche Dienstleistungen – etwa dingende Besuche auch zu Nachtzeiten – ohne Limit ermöglichen können.“
Die OÖGKK betont das ausgesprochen partnerschaftliche Verhältnis mit der Ärztekammer OÖ, das diesen Meilenstein erst ermöglicht habe. Wesenauer: „Unser besonderer Dank gilt MR Dr. Wiesmayr, einem profunden Spezialisten auf dem Gebiet der Palliativmedizin. Seine eingebrachte Expertise hat es ermöglicht, auch in einem komplexen Feld eine zielgenaue Lösung zu entwickeln“, erklärt Wesenauer.