Weil der Denkmalschutz die Sanierung einer 500 Jahre alten Klause nicht erlaubt, droht das Salzkammergut-Juwel Hallstatt unterzugehen. Bürgermeister Alexander Scheutz ist verärgert: “Scheinbar ist der Schutz des Denkmlas wichtiger als der Schutz der Menschen!” Mit jeder Stunde Regen steigt im Weltkulturerbe-Ort die Nervosität. Vom Hochwasser betroffen sind vor allem jene Anrainer, die ihre Gaststätten Wohnhäuser und Firmen direkt am Seeufer haben. “Seit Dienstagfrüh werde ich von leidgeplagten Bewohnern kontaktiert und aufgefordert, etwas zu tun — mir sind aber die Hände gebunden!”, so Scheutz weiter.
In der Ortschaft Steeg beim Auslauf des Hallstättersees befindet sich eine 500 Jahre alte Klause. Das Bauwerk dient dazu, den Wasserstand des Hallstättersees zu regulieren. Nur: Technisch ist die Entlastungsvorrichtung massiv veraltet, kann die großen Wassermassen nicht mehr ordentlich kontrollieren, was zur Folge hat, dass der See immer weiter ansteigt.
Univ.-Prof. Dr. Wilfried Lipp, Präsident ICOMOS Austria gegenüber salzi.at: “Fest steht, dass die Klause in Steeg eine in ihren Ursprüngen jahrhundertealte, hochbedeutende historische Wehranlage darstellt, deren Wertigkeit außer Frage steht und daher bei allen Überlegungen hinsichtlich einer allfälligen Optimierung der Regulierung des Hallstätter See-Abflusses im Vordergrund stehen sollte. Schuldzuweisungen, die die Komplexität von Naturereignissen — wie im Anlassfall der Salzkammergut-Dauerregen — auf eine Institution (Denkmalschutz) fokussieren sind in jedem Fall unangemessen. Wie der ICOMOS Monitoring-Beauftragte Dr. Kaiser schon ausführte sind Ursachen für die offensichtlich problematische Situation doch wesentlich in anderen Bereichen zu suchen (Wartung, Zuständigkeit, Controlling sowohl der Zuflüsse und deren Umfeld als auch der Wehranlage).” und weiter:
“Unser gemeinsames Ziel sein, die außergewöhnlichen universellen Werte (Outstanding Universal Values), die letztlich ja zur Eintragung des Gebiets Dachstein-Hallstatt-Salzkammergut in die Liste des UNESCO-Welterbes geführt haben, nachfolgenden Generationen authentisch zu erhalten. Dieser Gesichtspunkt sollte auch die weiterführenden Diskussionen leiten.”
Hochwasserschutz muss auch in denkmalschützerisch sensibler Region den Kenntnisstand des Jahres 2013 enthalten — kein Verständnis für restriktive Haltung der Denkmalschützer
In der Diskussion zwischen der Gemeinde Hallstatt und dem Bundesdenkmalamt über die Wehranlage am Seeausfluss in Steeg stellt sich heute Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer hinter die Hallstätter:
“Ich habe kein Verständnis für die restriktive Haltung der Denkmalschützer in dieser Frage. Mit der mittlerweile 502 Jahre alten Seeklause in Steeg kann der See bei Hochwassergefahr nach wie vor nicht reguliert werden. Hier hat der Denkmalschutz klar überzogen. Die Sicherheit hat im Interesse der Menschen in Hallstatt an erster Stelle zu stehen.
Ich kann auch nicht nachvollziehen, warum dem Gewässerbezirk Gmunden, der bereits 2001 die Anlage umbauen wollte und dafür nicht weniger als sechs Varianten angeboten hat, nur eine Minimaländerung erlaubt wurde. Das hatte jetzt zur Folge, dass das Seewasser weiterhin nicht verklappt und damit auch nicht schneller als bisher abgelassen werden konnte.
Der Denkmalschutz ignoriert hier die Tatsache, dass diese Wehranlage Teil des Hochwasserschutzes in der Region ist. Hochwasserschutz darf auch in einer denkmalschützerisch sensiblen Region nicht musealen Charakter haben, sondern den wissenschaftlichen Kenntnisstand des Jahres 2013 enthalten”, erklärt Pühringer.
Das Argument der Bundesdenkmalamtspräsidentin Dr.in Barbara Neubauer, wonach in den vergangenen zehn Jahren niemand mit dem Denkmalamt wegen der Seeklause den Kontakt gesucht hat, lässt Pühringer nicht gelten: “Wer 2001 nicht weniger als sechs Varianten zum Umbau und Modernisierung dieser Seeklause vorschlägt und mit einer Minimaländerung abgespeist wird, muss zu dem Schluss kommen, dass mit dem Bundesdenkmalamt in dieser Frage nichts zu machen ist.
Damit muss es jetzt vorbei sein. Eine wichtige Lehre aus dem Hochwasser in Hallstatt muss sein, rasch nach Lösungen zu suchen, um auch für die Menschen in Hallstatt bestmöglichen Schutz vor Hochwasser sicherzustellen”.
Hr. Prof. Lipp bemüht sich redlich und richtigerweise um den Erhalt verschiedenster Kulturgüter. Er scheint aber immer mehr der Gefahr zu unterliegen, das Wesentliche aus den Augen zu verlieren (nicht nur in Hallstatt!). Wer immer restriktiver der Original-Zusatnd eines gesamten Ortes gefordert, riskiert den langfristrigen Verlust eines Lebensraumes, was dem Denkmalschutz kaum entgegenkommen kann.
Leider spricht aus seinen Äußerungen ein bestimmtes Maß an Arroganz den betroffenen Menschen gegenüber. Eine neue Kultur des Umganges mit den vielen schützenswerten Objekten unserer Heimat, aber auch mit den Menschen ist dringend einzufordern.
Was wohl wäre, wenn Frau Neubauer ein Haus oder Familie in Hallstatt hätte???