Am Montag wurde am Landesgericht in Wels der bereits vierte Prozesstag gegen sieben Mitglieder des rechtsextremen Netzwerks „Objekt 21“ fortgesetzt. Die Angeklagte müssen sich wegen Wiederbetätigung verantworten.
Zu Beginn des vierten Verhandlungstages brachte der Staatsanwalt neue Beweismittel ein. Anonyme Zeugen übergaben aufgrund der unzähligen Medienberichte am 24. Oktober, als der Prozess bereits lief, eine CD mit einem Hakenkreuz auf dem Cover der Polizeiinspektion Vöcklabruck.
Der Titel des Werks: „Der Untergrund stirbt nie“. Der Interpret nennt sich „Reichstrunkenbold“ und ist in der Szene mit Liedern wie „Afrika den Affen“ u.ä. bekannt. Auf der CD gibt es einen Bonus-Track, der „live in der Waffenschmiede“ im Objekt 21 aufgenommen worden sein soll. Auf Fotos war über einem Raum im „Objekt 21“-Lokal der Schriftzug „Waffenschmiede“ zu lesen, auch ein Zeuge bestätigte: „Bei der Waffenschmiede handelt es sich eindeutig um das Objekt 21.“
Auch der Verfassungsschutz legte weitere Fotos vor
Darauf ist einer der Angeklagten mit einer CD in der Hand und in einem T‑Shirt zu sehen, auf dem steht: “Objekt 21 Haustechniker”. Der Beschuldigte wollte bisher immer nur am Rand mit dem Verein zu tun gehabt haben. Er habe lediglich die Computer aufgesetzt und sei nicht mit den darauf gespeicherten einschlägigen Musikdateien befasst gewesen, hatte er beteuert.
Im Wiederbetätigungsprozess rund um das „Objekt 21“ sind am Montag in Wels die Schlussplädoyers gehalten worden. „Sie wollten nach außen hin einen Deckmantel als Freizeit-und Kulturverein und waren im Inneren die rechte Szene in ihrer Brutalität“, so der Staatsanwalt. Die Verteidiger der sieben Angeklagten forderten allesamt Freisprüche. Die Geschworenen zogen sich am späten Montagnachmittag zur Beratung zurückziehen, ein Urteil wird noch heute Montag erwartet. Bis 22 Uhr gab es noch kein Urteil.
„Symbole im Vereinslokal stehen für Brutalität“
Der Staatsanwalt ging auf die Vielzahl an Symbolen, die im Vereinslokal angebracht waren und die einige Angeklagte auf die Haut tätowiert haben, ein. Jedes Zeichen habe eine Bedeutung und stehe für „Brutalität und Gewalt im Dritten Reich“. So habe der Erstangeklagte einen Reichsadler auf den Hinterkopf tätowiert, bei einem weiteren Angeklagte wurde der gleiche Körperschmuck wegen der Haare, die er sich in der Zwischenzeit wachsen hat lassen, erst am Montag sichtbar.
Der Ankläger beschrieb noch weitere Tattoos wie „Leibstandarte Adolf Hitler, kurz LAH“, „Standarte der SS“ — und „Objekt 21“, um die Zugehörigkeit nach außen zu demonstrieren. Fünf der sieben Beschuldigten seien im Vereinsvorstand gewesen und würden somit für die Aktivitäten der Gruppe haften.
Bonus-Track „live aus der Waffenschmiede“
Die Anklage sieht durchaus Öffentlichkeitswirkung im Treiben der sieben Männer: Es sei per SMS zu Konzerten eingeladen worden, es habe eine Homepage und einen Facebook-Account gegeben. Der Erstangeklagte habe in dem sozialen Netzwerk unter dem Pseudonym „Otto Ernst Remer“, einer „schillernden Gestalt“ des NS-Regimes, zu Veranstaltungen eingeladen.
Zudem war zuletzt eine Musik-CD des in rechten Kreisen bekannten „Reichstrunkenbolds“ in einer Auflage von 1000 Stück und die Selbe mit einem Bonus-Track „live aus der Waffenschmiede“, dem Partyraum des Objekt 21, aufgetaucht — in einer Auflage von weiteren 500 Stück. Auch habe es Verbindungen nach Thüringen gegeben. „Man hat rechte Quellen in Deutschland angezapft.“

„Heroisierung des Soldatentums ist nicht tatbildlich“
Ein Verteidiger kritisierte, dass im Prozess Dinge als nicht erlaubt dargestellt worden seien, die nicht unter das Verbotsgesetz fallen würden. „Eine Heroisierung des Soldatentums ist nicht tatbildlich“, führte er als Beispiel an. Bestraft könne nur werden, was ausdrücklich verboten sei.
„Man sollte Andersdenkende nicht kriminalisieren“, so ein weiterer Verteidiger. Kein Zeuge habe politische Agitation beschrieben. „Sie haben niemandem eine Gesinnung aufs Aug’ gedrückt, sie haben niemandem Leid zugefügt“ und es gebe „keine stichhaltigen Beweise“.
Nur ein Angeklagter war bisher unbescholten
Nur einer der Angeklagten war bisher unbescholten. Der Staatsanwalt wies darauf hin, dass der Erstangeklagte bereits zweimal einschlägig verurteilt worden sei und verlangte für ihn eine Haftstrafe jenseits von fünf Jahren. Die Verteidiger forderten für alle sieben einen Freispruch. Die Beschuldigten schlossen sich den Ausführungen ihrer Anwälte an. Nur Zweitangeklagter Manuel S. sagt: “Ich erwarte ein faires Urteil”.
salzi.aktuell — Nachrichten vom 04.11.2013
“Mein Mandant war ein einfaches Mitglied – er war nicht im Vorstand des Vereins, war kein Verantwortlicher” – so beginnt der Verteidiger des Sechstangeklagten Christoph G., der in der Anklage als IT-Experte des neonazistischen Netzwerks um Objekt 21 geführt wird, sein Plädoyer. Der Sechstangeklagte sei “ein Außenseiter” gewesen, kommuniziert habe er stets nur mit seinem Computer – bis er über seine damalige Freundin den Erstangeklagten und dadurch auch das Objekt 21 kennengelernt habe, so der Anwalt. “Er war technisch geschickt und ist dort verwendet worden dafür, dass er gewisse Dinge erledigt hat, die er gut konnte”.
Zur Erinnerung: Der Sechstangeklagte soll für die Installierung der Videoüberwachung, für die Gestaltung der Vereinswebseite und die Betreuung der Facebookseite zuständig gewesen sein, außerdem wirft ihm die Anklage vor, Rechtsrock verbreitet zu haben – als Beweismittel gilt die bei einer Hausdurchsuchung gefundene Festplatte. Die Vorwürfe seien unrichtig, sagt der Verteidiger: schließlich habe der Sechstangeklagte kurz nach der Hausdurchsuchung die Polizei kontaktiert und darauf bestanden, seine Festplatte wiederzubekommen.
G. werde wohl nicht so dumm sein und sich zu einer Festplatte bekennen, “wenn er auch nur irgendein schlechtes Gewissen hat”, so der Verteidiger. Vielmehr sei die Festplatte im Gebäude öffentlich zugänglich gewesen, er sei durchaus realistisch, dass jemand anderes die auf dem Datenträger gefundenen Rechtsrock-Lieder abgespeichert habe.
“Mein Mandant hatte keine rechte Gesinnung und hat sie auch heute nicht”, so der Anwalt, er habe im Gebäude nur “sehr viel Alkohol konsumiert”. Auch auf den Videos sei zu sehen, “dass da dermaßen viel Alkohol im Spiel war — die haben wirklich ununterbrochen gesoffen, ich weiß nicht, wie sie jemals in der Lage gewesen wären, die österreichische Rechtsordnung zu untergraben”.
Angeklagten bekennen sich nicht schuldig
Die Angeklagten im Alter von 23 bis 33 Jahren haben sich zur Wiederbetätigung nicht schuldig bekannt, zwei gaben Verstöße gegen das Waffengesetz zu. Im Lokal des — nach Eigendefinition — „Kultur-und Freizeitvereins“ sollen NS-Symbole angebracht und einschlägige Konzerte abgehalten worden sein. Im Zusammenhang mit dem „Objekt 21“ steht auch ein kriminelles Rotlichtnetzwerk, dem zahlreiche Straftaten zugeordnet werden. Die beiden Hauptangeklagten Jürgen W. und Manuel S. zählen auch in diesem Verfahren zu den wichtigsten Beschuldigten.
An den bisherigen Verhandlungstagen schwiegen die Angeklagten die meiste Zeit und überließen das Reden ihren Anwälten. Ein Zeuge erklärte, dass man bei einer Hausdurchsuchung in Desselbrunn (Bezirk Vöcklabruck), dort hatte sich die Gruppe als vermeintlicher „Kultur und Freizeitverein“ in einem Bauernhof eingemietet, die Polizei eine Stunde lang nicht einließ.
Diese Zeit nutzte man, um belastende Deko-Elemente zu verstecken. In dem Bauernhof, der dem Vater des Oskar-Preisträgers Stephan Ruschowitzky gehört, wurde unter anderem eine abgeänderte deutsche Reichskriegsflagge sichergestellt und an den Wänden prangten Sprüche wie „Der Führer hat immer recht“.
Ein anderer Zeuge beendete seine Aussage mit den Worten „Lasst euch nicht unterkriegen, alles für Deutschland“. Bei den Befragungen vor Gericht erklärten die Angeklagten, dass ihnen Nazi-Armbinden oder Hitlergruß nicht aufgefallen seien, und sie die Bedeutung ihrer Tätowierungen, zumeist Motive mit rechtem Hintergrund, nicht kennen.
Bis zu zehn Jahre Haft
Noch am Montag soll in dem Verfahren in Wels ein Urteil fallen. Den Beschuldigten drohen im Falle einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft.