Vor 35 Jahren hat die Atomkatastrophe von Tschernobyl die Welt in Atem gehalten. Der radioaktive Fallout wurde mit dem Wind und dem Regen bis zu uns getragen. Kinder durften damals nicht mehr draußen spielen und viele Lebensmittel waren aufgrund der Verstrahlung nicht mehr für den Verzehr geeignet. In der Nuklear-medizin werden bewusst radioaktive Substanzen verabreicht – ist das nicht ein Widerspruch und gesundheitsgefährdend?
Die Nuklearmedizin verwendet radioaktive Stoffe zur Diagnostik und Therapie verschiedenster Erkrankungen. Diese werden durch Injektion oder durch das Schlucken einer Kapsel in den menschlichen Körper eingebracht und machen auf unkomplizierte Weise sonst nicht sichtbare Stoffwechselvorgänge sichtbar. Mit speziellen Kameras werden dann Aufnahmen gemacht, mit deren Hilfe krankhafte Veränderungen exakt beschrieben werden können.
Nutzen überwiegt Risiko bei Weitem
Das Risiko durch die Verabreichung von sogenannten „radioaktiven Isotopen“ ist verantwortbar: „Ja, absolut. Das bei der Reaktorkatastrophe freigesetzte Cäsium hat eine Halbwertszeit von 30 Jahren. Wir verwenden Stoffe mit sehr kurzen Halbwertszeiten von ein paar Stunden bis wenigen Tagen. Unsere Kameras sind darüber hinaus so sensibel, dass wir mit einer sehr niedrigen Dosierung aussagekräftige Befunde erstellen können. Die für unsere Patientinnen und Patienten resultierende Strahlenbelastung kann dadurch sehr gering gehalten werden“, zerstreut Prim. Dr. Peter Panholzer, Leiter des Instituts für Nuklearmedizin am Salzkammergut Klinikum (SK) Vöcklabruck, unberechtigte Bedenken.
Vor jeder Untersuchung erfolgt dennoch eine strenge individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung, wobei der Vorteil für die Patientinnen und Patienten klar überwiegt. „Da wir pathologische Vorgänge im Organismus auf molekularer Ebene darstellen können, können wir schon sehr früh gut- und bösartige Veränderungen sichtbar machen und dadurch den Grundstein für eine erfolgversprechende Therapie legen“, so Prim. Panholzer.
Breites Einsatzgebiet der Nuklearmedizin
Die konventionelle Nuklearmedizin kommt vor allem bei der Diagnostik von Schilddrüsen‑, Knochen‑, Herz‑, Nieren‑, Lungen- und Hirnuntersuchungen zum Einsatz. Mit der PET-CT-Untersuchung (Positronen-Emissions-Tomografie) steht eine spezielle Methode zur Diagnostik von bösartigen Erkrankungen, für die Kontrolle des Therapieverlaufs und für die Planung einer eventuell notwendigen Strahlentherapie zur Verfügung.
In der Therapie mit radioaktiven Stoffen werden gute Erfolge bei der Behandlung von gut- und bösartigen Schilddrüsenerkrankungen und bei Knochenmetastasen oder entzündlichen Gelenkserkrankungen erzielt.
Im Institut für Nuklearmedizin am Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck werden jährlich rund 10.000 nuklearmedizinische Untersuchungen und ca. 70 Therapien durchgeführt.
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