„Steht auf! Setzt ein Zeichen gegen Diskriminierung, Ausgrenzung und Antisemitismus in diesem Land!“
Mit diesen eindringlichen Worten richtete sich Margret-Lehner Wessely, Aktivistin und Gründungsmitglied des Mauthausen Komitees Vöcklabruck, an die Jugendlichen im Saal. 15 Lehrlinge der Firma STIWA sowie Schüler:innen des BG Vöcklabruck haben das Erinnerungsprojekt MemoryWalk_360 realisiert. Es umfasst die Orte Vöcklabruck, Attnang-Puchheim, Lenzing und Zipf und wurde im Juni 2024 umgesetzt.
Am Abend des 27. November 2024 fand in der Arbeiterkammer Vöcklabruck die Präsentation dieses außergewöhnlichen Projekts statt, das vom Anne Frank Verein Österreich und dem Mauthausen Komitee Vöcklabruck initiiert wurde. Fabian, Lehrling bei STIWA und Projektteilnehmer, führte die Anwesenden souverän durch den virtuellen Rundgang. Dieser besteht aus neun interaktiven 360-Grad-Fotografien, die an Denkmäler und Erinnerungsorte für die Opfer des Nationalsozialismus in der Region erinnern.
Im Anschluss schilderten fünf weitere Projektteilnehmer:innen in einem Gespräch mit Aaron Peterer vom Anne Frank Verein Österreich ihre Erfahrungen aus dem dreitägigen Workshop. Die facettenreichen Einheiten – darunter das Gestalten von Postern, Filmscreenings, die Erstellung und Bearbeitung von 360-Grad-Fotos sowie die gemeinsame Erkundung von Denkmälern mit regionalen ExpertInnen – boten den Jugendlichen zahlreiche Möglichkeiten zur kritischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.
Besonders prägend war die intensive Beschäftigung mit den Geschichten der Opfer und den Denkmälern, die deren Andenken bewahren. Diese Arbeit hinterließ nicht nur bleibende Eindrücke, sondern sensibilisierte die Jugendlichen auch für die Bedeutung der Erinnerungskultur in ihrer Generation. Einstimmig forderten sie eine höhere Sichtbarkeit der Denkmäler sowie eine breitere Vermittlung der damit verbundenen Geschichten. „Die Entstehungsgeschichte der Monumente und die Schicksale der Opfer sind vielen Jugendlichen unbekannt. Genau das möchten wir mit unserem Projekt ändern“, betonte Hanna, Maturantin des BG Vöcklabruck, die sich in ihrer Vorwissenschaftlichen Arbeit mit den Opfern der Nationalsozialisten in ihrer Heimatgemeinde Wolfsegg beschäftigt.
In der anschließenden Expertenrunde unterstrich Matthias Lasinger, Geschichtslehrer und Mitglied des Mauthausen Komitees Vöcklabruck, die Dringlichkeit einer intensiven Auseinandersetzung mit der Erinnerungskultur. „Ich hatte das Privileg, mit Zeitzeugen und Überlebenden zu sprechen. Diese Möglichkeit wird für die heutige Jugend bald nicht mehr bestehen“, erklärte er. Rudi Loidl, ebenfalls Mitglied des Mauthausen Komitees, hob die Bedeutung weiterer Recherchen hervor, um die Namen der in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs ermordeten Zwangsarbeiter:innen zu dokumentieren: „Vielleicht inspiriert dieses Projekt eine neue Suche nach den noch unbekannten Namen.“
Die Jugendlichen erhielten für ihr Engagement großes Lob von allen Beteiligten. Gottfried Hirz, Präsident des Oberösterreichischen Roten Kreuzes, würdigte ihre Leistungen und überreichte ihnen feierlich die Teilnahmezertifikate. „Ich bin sehr stolz auf diese jungen Menschen aus unserer Region!“, betonte Frederik Schmidsberger, Obmann des Mauthausen Komitees Vöcklabruck, in seinem Schlusswort.
Das Projekt hat ein starkes Zeichen gesetzt. Der virtuelle Rundgang kann unter https://app.lapentor.com/sphere/oberoesterreich erkundet werden.