Körperliche und geistige Beeinträchtigungen hindern Menschen an sozialen Aktivitäten. Um sie mit positiven Erlebnissen zu aktivieren, startet der Verein füruns gemeinsam mit Fokus Mensch und dem VR-Unternehmen VitaBlick in vier Regionen in Oberösterreich ein Pilotprojekt: Mittels VR-Brille reisen die Menschen mit Behinderung an bekannte oder neue Orte, ohne ihre gewohnte Umgebung zu verlassen – begleitet und unterstützt von freiwilligen Helfer:innen.
(Linz, 10. April 2025) Der Verein füruns – Zentrum für Zivilgesellschaft beschreitet gemeinsam mit Fokus Mensch und dem VR-Pionier VitaBlick neue Wege: Das Projekt “Virtual Reality mit Freiwilligen” soll die physischen und sozialen Barrieren überwinden, die älteren Menschen mit Behinderung den Zugang zu sozialen Aktivitäten erschweren. Der Einsatz von Virtual-Reality-Technologie ermöglicht Personen, Orte aus ihrer Vergangenheit zu besuchen oder neue Erfahrungen zu machen, ohne die Hindernisse der realen Welt überwinden zu müssen.
Begleitet und unterstützt werden sie dabei von eigens geschulten freiwilligen Helfer:innen. “Die Freiwilligen sorgen nicht nur für die technische Unterstützung, sondern helfen den Teilnehmer:innen auch, das Erlebte zu verarbeiten, und fördern den Austausch in anschließenden Gesprächen”, erklärt Petra Pongratz, Geschäftsführerin des Zentrums für Zivilgesellschaft. “Dadurch wird nicht nur die Lebensqualität der betroffenen Personen gesteigert, sondern auch ein wertvoller Beitrag zur Förderung des sozialen Miteinanders geleistet.”

Maßgeschneiderte Schulungen fördern junges Engagement
Das Pilotprojekt wird vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gefördert und soll vor allem Jugendliche und junge Erwachsene ansprechen und für freiwilliges Engagement begeistern – eine Gruppe, die für Freiwilligenprojekte bisher schwierig zu erreichen ist. “VR bietet Freiwilligen die Möglichkeit, innovative und spannende Technologien kennenzulernen und anzuwenden”, erklärt Pongratz. “Dieses intergenerationelle Engagement schafft eine Win-Win-Situation: Junge Menschen profitieren von der sinnstiftenden Tätigkeit und den sozialen Erfahrungen, während ältere Menschen und Menschen mit Behinderung ihre digitale Kompetenz stärken und sich sicherer in der digitalen Welt bewegen können.”
Um Menschen mit Behinderung kompetent und einfühlsam zu begleiten, erhalten die Freiwilligen eine gezielte Ausbildung mit maßgeschneiderten Inhalten. Themen wie der Umgang mit Behinderungen, die Besonderheiten der kognitiven Aktivierung und die technische Handhabung der VR-Ausrüstung stehen im Mittelpunkt der Ausbildung. “Dadurch wird gewährleistet, dass die Freiwilligen in der Lage sind, den Betroffenen eine wertvolle Unterstützung zu bieten und gleichzeitig ihre sozialen Fähigkeiten zu stärken”, so Pongratz.
Schon bisher tragen Freiwillige bei Fokus Mensch dazu bei, dass Freizeitaktivitäten ermöglicht werden, die den Betroffenen Freude bereiten. “Viele Menschen mit Behinderung vereinsamen im Alter und haben kaum mehr Kontakte zu Angehörigen oder in die soziale Umwelt”, sagt Michael Leitner, Geschäftsführer von Fokus Mensch. Fehlende Mobilität und Unterstützungen, mangelnde Barrierefreiheit sowie finanzielle Engpässe, die durch die Anschaffung von Behindertenhilfsmitteln entstehen, machen es ihnen oft unmöglich, Reisen oder Ausflüge zu unternehmen. “Durch die Möglichkeit, mit (jungen) Freiwilligen virtuell zu reisen, ergeben sich für Menschen mit Beeinträchtigung vielfältige Möglichkeiten.” Das Projekt ist auch eine Reaktion auf den Rückgang der langfristigen Bindung von Freiwilligen, was dazu führt, dass einige Angebote reduziert oder sogar eingestellt werden müssen.
Neue und vertraute Orte besuchen
Während die VR-Technologie von VitaBlick bereits in stationären Alten- und Pflegeheimen genutzt wird, kommt sie im Rahmen des neuen Projekts erstmals im Behindertenbereich zum Einsatz und eröffnet neue Möglichkeiten, diese Menschen gezielt zu unterstützen. “Schon bei meinem bettlägerigen Opa habe ich gesehen, wie sich soziale Isolation und Vereinsamung auf den Menschen auswirken”, sagt Amadeus Linzer, Geschäftsführer und Gründer von VitaBlick. “Das immersive Erlebnis einer virtuellen Reise macht einfach Spaß! Menschen sind oft motivierter für Aktivitäten, wenn sie in eine fesselnde virtuelle Welt eintauchen können, anstatt gewohnte Aufgaben analog zu erledigen.”
Die Nutzer:innen können mithilfe der VR-Technologie zum Beispiel vertraute Orte aus ihrer Vergangenheit besuchen. Ob es ein Spaziergang durch den Wiener Prater, eine Wanderung auf den Gipfel des Schneeberges oder ein Besuch am Ufer des Wolfgangsees ist – all diese Erlebnisse können wieder zugänglich gemacht werden. Solche Reisen wecken Erinnerungen, die oft seit Jahren aufgrund von Beeinträchtigungen unerreichbar waren, und stimulieren die Kommunikation über “die gute alte Zeit”. Dies führt nicht nur zu einem Lächeln auf den Gesichtern der Betroffenen, sondern unterstützt sie auch beim Lebensrückblick und bringt Menschen miteinander ins Gespräch. Darüber hinaus können VR-Inhalte entwickelt werden, um das Gedächtnis und die Konzentration zu fördern, indem sie die Benutzer:innen herausfordern, Informationen in einer virtuellen Umgebung zu behalten und abzurufen.
Reisestart ab April 2025
Das Pilotprojekt ist im September 2024 in die Vorbereitungsphase gestartet und findet vorerst in vier Regionen in Oberösterreich in Einrichtungen und Wohngruppen von Fokus Mensch und der Lebenshilfe oder direkt in den eigenen vier Wänden der Teilnehmenden statt: Neben dem Zentralraum Linz sind dies im Salzkammergut das Feichtlgut in Ohlsdorf und die Lebenshilfe Bad Ischl, im Hausruckviertel Assista, die Lebenshilfe Haag am Hausruck und Fokus Mensch Schlüßlberg und als zusätzlicher regionaler Schwerpunkt bei Fokus Mensch in Freistadt.
Seit Jänner 2025 können sich Freiwillige für die Teilnahme am Projekt anmelden und ab April auf virtuelle Reise mit Menschen mit Behinderung gehen. Das Projekt läuft vorerst bis November 2025 und wird dann evaluiert, um das gewonnene Wissen für andere Einsatzgebiete festzuhalten. Das Zentrum für Zivilgesellschaft füruns plant, nach der Pilotphase das VR-Equipment auch an andere Organisationen zu verleihen.
Über uns
Verein füruns – Zentrum für Zivilgesellschaft
Das Zentrum für Zivilgesellschaft ist eine österreichweite Plattform für zivilgesellschaftliches Engagement und unterstützt all jene, die mit ihren Ideen, Initiativen und Projekten dazu beitragen, dass unser (Zusammen-)Leben besser wird. Durch innovative Lösungsansätze und Projekte entstehen neue Partizipations- und Vernetzungsmöglichkeiten und tragen somit zur Nachhaltigkeit von zivilgesellschaftlichem Engagement bei. Der Verein wird unterstützt durch das Sozialressort des Landes Oberösterreich, die Integrationsstelle des Landes Oberösterreich, das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und die Österreichische Gesellschaft für politische Bildung.