Die Oö. Landesregierung hat den LRH im März 2016 um die Durchführung einer Sonderprüfung der Marktgemeinde St. Wolfgang im Salzkammergut ersucht. Ziel war es, Missstände in der Bauverwaltung zu analysieren und die Empfehlungen aus der letzten Gebarungsprüfung des Landes zu verfolgen. Das Ergebnis der Prüfung übertrifft die Befürchtungen: Es gibt gravierende rechtliche Probleme und Missstände. Aus ihnen entstanden hohe Schäden im Bereich der Bauverwaltung bei der Grundsteuer, den Aufschließungsbeiträgen sowie Zinsschäden.
Strafverfahren gegen Ex-Bürgermeister und Ex-Amtsleiter
Die Staatsanwaltschaft Wels hat im März 2016 ein Strafverfahren gegen den ehemaligen Bürgermeister, den ehemaligen Amtsleiter sowie den ehemaligen Sachbearbeiter in der Bauverwaltung und das Land OÖ hat im Mai 2016 ein Disziplinarverfahren gegen den ehemaligen Amtsleiter sowie den ehemaligen Sachbearbeiter in der Bauverwaltung eingeleitet. Die aktuelle Gemeindeführung steht vor extremen Herausforderungen und tätigt hohe Anstrengungen, um die Probleme aufzuarbeiten
Ausmaß des Bauskandals und Missstände in der Verwaltung
Seit 2015 ist in St. Wolfgang ein neuer Bürgermeister im Amt. Er hat festgestellt, dass in der Bauverwaltung zahlreiche baurechtliche Verfahren offen sind. Diese wurden zum Teil bereits vor 20 Jahren oder mehr eingeleitet. Die Marktgemeinde hat eine „Mängelliste“ mit insgesamt 974 Akten erstellt.
Schaden ist erheblich
Alleine aus den vom LRH geprüften Akten entstand der Gemeinde ein endgültiger Schaden von 33.600 Euro aus Anschlussgebühren für Wasser, Kanal und Verkehrsflächen. Die Marktgemeinde geht aber davon aus, dass in vielen Fällen noch ergänzende Anschlussgebühren eingehoben werden können. Dass für Grundstücke, die seit 2006 umgewidmet wurden, bis zur Prüfung keine Vorschreibung von Aufschließungs- und Erhaltungsbeiträgen vorgenommen wurde, ist besonders kritisch. „Dadurch entstand ein beträchtlicher finanzieller Schaden – 137.300 Euro bis Ende 2015“, erklärt der LRH-Direktor.
Von 2007 bis 2009 hat die gemeindeeigene Kommanditgesellschaft knapp 5 Mio. Euro in den Umbau des Amtshauses inkl. Ortsplatzgestaltung sowie die Volksschulsanierung mit Horterweiterung investiert. Für beide Vorhaben gab es keine Baubewilligung und der Umbau des Amtshauses erfolgte zudem ohne aufsichtsbehördliche Finanzierungsgenehmigung. Bei zeitlich korrekter Abwicklung hätte St. Wolfgang mindestens 100.000 Euro an Zinsen sparen können.
Finanzsituation: St. Wolfgang muss konsolidieren
Der ordentliche Haushalt von St. Wolfgang ist ausgeglichen; 2015 gab es leichte Verbesserungen. „Wir sehen die Haushalts- und Finanzsituation aber nach wie vor angespannt, denn der hohe Finanzbedarf im außerordentlichen Haushalt ist problematisch“, erörtert Pammer. Das betrifft den mit knapp 1 Mio. Euro offenen Abgang aus dem Jahr 2015; auch 2016 wären Eigenmittel von ca. 450.000 Euro für die Ausfinanzierung neuer Projekte notwendig.
Förderungen kürzen
In ihrem Prüfbericht kritisierte die Aufsichtsbehörde die mit 65 Euro je Einwohner im Jahr 2012 hohen Förderungen und freiwilligen Leistungen der Marktgemeinde. Dieser Wert stieg 2013 sogar noch weiter an. „Wir haben die Haushaltsjahre 2014 und 2015 analysiert, auch in diesen beiden Jahren lag der Wert zwischen 60 Euro und 65 Euro. Rund die Hälfte der Ausgaben betraf den Tourismus“, erklärt Pammer. Bisher hat die Marktgemeinde keine Maßnahmen für eine nachhaltige und deutliche Reduktion gesetzt. Auch wenn der Tourismus in St. Wolfgang eine herausragende Rolle spielt, muss hier im Sinne eines verantwortungsvollen Umgangs mit Steuergeldern gegengesteuert werden, so der Landesrechungshof.