Kilometerweit laufen, schwimmen und Rad fahren oder doch lieber schwere Hanteln stemmen und Klimmzüge trainieren. Lange Zeit vertraten Fitness-Experten die Meinung, dass Ausdauertraining das Maß aller Dinge ist und Krafttraining ausschließlich für Eitle und Bodybilder Sinn macht. Dieses Bild hat sich mittlerweile gewandelt. Bewegungsexperten am Salzkammergut-Klinikum Bad Ischl setzen seit Jahren auf eine ausgewogene Kombination, bei der das funktionelle Krafttraining immer mehr an Bedeutung gewinnt.
„Übungen mit dem eigenen Körpergewicht wie z. B. Liegestütze, Ausfallschritte oder Kniebeugen erleben gerade einen Boom, da sie mehrere Muskeln bzw. ganze Muskelgruppen beanspruchen und komplexe Bewegungsabläufe trainieren, wie sie auch im Alltag vorkommen“, erklärt Richard Neuper, leitender Physiotherapeut am SK Bad Ischl. Dieses funktionelle Training, das um Übungen mit Zusatzgewichten (Lang-/Kurzhantel, Kugelhantel) und diversen Kleingeräten (Therabänder, Schlingentrainer, …) ergänzt werden kann, ist so konzipiert, dass es problemlos an den Trainingszustand der jeweiligen Person angepasst werden kann.
Myokine – hormonähnliche Stoffe mit beachtlicher Wirkung
Wie Studien bestätigen, wirkt sich ein gezielter Muskelaufbau nicht nur auf Schmerzen im Bewegungsapparat positiv aus. „Der Skelettmuskel ist ein Organ, das hormonähnliche Stoffe – sogenannte Myokine – ausschüttet. Diese Stoffe wiederum beeinflussen eine Vielzahl von Erkrankungen positiv, was eindeutig für Krafttraining und Muskelaufbau spricht“, weiß OÄ Dr.in Eva Atzmanstorfer, Fachärztin für Physikalische Medizin und allgemeine Rehabilitation am SK Bad Ischl. Mittlerweile haben Wissenschaftler mehr als 400 dieser Myokine identifiziert und sind dabei, ihre Wirkungsweise auf Leber, Bauchspeicheldrüse, Knochen, Fettgewebe, Herz, Blutgefäße und Gehirn zu entschlüsseln.
„Eine Schlüsselfunktion übernimmt der Botenstoff Interleukin‑6. Er fördert die Fettverbrennung, wirkt Entzündungen entgegen, kann das Wachstum von Tumorzellen hemmen, hat eine positive Wirkung auf Leber, Bauchspeicheldrüse, Knochen und Herz/Kreislaufsystem und beugt einer Reihe von Zivilisationserkrankungen – von Diabetes, Arteriosklerose (Arterienverkalkung) bis hin zu Herzinfarkt und Schlaganfall – vor“, erklärt Atzmanstorfer. Regelmäßiger Sport senkt sogar das Risiko für Brust- und Darmkrebs um 25 bis 30 Prozent.

Die Expert/-innen des SK Bad Ischl empfehlen daher, nicht nur moderates Ausdauertraining, sondern auch Krafttraining in den Alltag zu integrieren. „Wer zwei bis drei Mal pro Woche 20 bis 30 Minuten Krafttraining betreibt, trägt zum Aufbau von Muskelmasse bei bzw. verhindert den altersbedingten Muskelabbau. Und das Schöne an kräftigen Muskeln ist, dass diese nicht nur während des Trainings, sondern auch noch mit dem sogenannten „Nachbrenneffekt“ im Kampf gegen Zivilisationskrankheiten helfen“, sagt PT Richard Neuper.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass gezieltes Muskeltraining viele positive Effekte bringt. Mehr Muskelmasse stabilisiert das Skelett und hebt den Grundumsatz. Dies hilft wiederum, das Risiko für gefährliche Zivilisationskrankheiten zu senken. Zudem stärkt regelmäßiges Krafttraining die Knochen und vermindert so das Osteoporoserisiko. Weiters sorgt eine kräftige Muskulatur für mehr Beweglichkeit im Alter, denn häufig ist eine Muskelschwäche eine der Hauptursachen für verminderte Mobilität und ein erhöhtes Sturzrisiko bei Senior/-innen. Last but not least profitieren selbst übergewichtige Menschen jeden Alters von mehr Muskelkraft.
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