Laut aktuellen Umfragen schlafen nur 50 Prozent der Österreicher gut. Jede/r Vierte leidet an Schlafstörungen, wobei meist keine organischen Ursachen zu finden sind. Die sogenannten „nichtorganischen Schlafstörungen“ sollten dennoch ernst genommen werden, erklärt Prim. Dr. Christoph Silberbauer, Leiter der Abteilung für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin am Salzkammergut-Klinikum Vöcklabruck. Unbehandelt können diese zu einer gravierenden Einschränkung der Lebensqualität und Gesundheitsproblemen führen.
„Schlafstörungen gehören zu den häufigsten Beschwerden überhaupt. Egal ob es sich um Einschlaf- oder Durchschlafprobleme handelt, die Betroffenen klagen über Erschöpfung, Stimmungsbeeinträchtigung, Einbußen bei Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit und eine insgesamt verringerte Lebensqualität“, sagt der Experte. Unbehandelt können Schlafstörungen zu Depressionen sowie zu Missbrauch und in weiterer Folge zu Abhängigkeit von Alkohol oder Schlafmitteln führen. Schlafstörungen stellen aber auch einen Risikofaktor für Bluthochdruck, kardiovaskuläre Erkrankungen, gestörte Blutzuckerregulation und Veränderungen von Immunparametern dar. Grund genug, frühzeitig auf diese Störungen zu reagieren und entsprechende Hilfe zu suchen.

„Nichtorganische Schlafstörungen entstehen durch ein Wechselspiel von Übererregtheit, dem sogenannte Hyperarousal, schlafbehindernden gedanklichen Verarbeitungen, wie beispielsweise Ärger über die Schlaflosigkeit, dysfunktionalen Schlafgewohnheiten, wie etwa zu viel Tagschlaf oder auch zu frühe Bettgehzeiten und den daraus folgenden Konsequenzen. Diese äußern sich beispielsweise in Erschöpfung, Stimmungsbeeinträchtigung und Konzentrationseinbußen. Dazu kommen meist noch diverse Verhaltensweisen, die den Schlaf ungünstig beeinflussen“, erklärt Prim. Silberbauer.
Für die erfolgreiche Behandlung von Schlafstörungen ist es zuerst einmal wichtig herauszufinden wodurch diese ausgelöst werden. „Vielfach zeigt sich, dass Betroffene die Schlafdauer und ‑qualität falsch einschätzen. Auch ein unregelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus sowie Tagesschlaf oder das Arbeiten bzw. Fernsehen im Bett können den Schlaf negativ beeinflussen“, erklärt der Experte. Bei der Behandlung von Schlafstörungen (Insomnien) wird daher zu allererst auf eine entsprechende Schlafhygiene geachtet. Geregelte Schlafzeiten, eine angenehme Atmosphäre im Schlafzimmer (dunkel, ruhig, kühl), Einschlafrituale und der Verzicht auf Handy und Fernseher im Schlafzimmer können bereits einen wertvollen Beitrag für einen guten Schlaf liefern.
„Neben beratenden und aufklärenden Gesprächen über die Voraussetzungen für einen guten Schlaf, setzen wir bei der Behandlung von Insomnien vor allem auf schlafhygienische Beratung und Verhaltensmodifikationen. Erst wenn durch Beachtung der Schlafhygiene und Anwendung von Entspannungstechniken kein Erfolg eintritt, kommen ausgewählte Medikamente zum Einsatz“, sagt Prim. Silberbauer. „ Falls sogenannte Benzodiazepine oder sogenannte Z‑Substanzen eingesetzt werden, hat die Anwendung nur kurzfristig zu erfolgen. Bei Abhängigkeitserkrankungen dürfen diese Medikamente jedoch verwendet werden. Es gilt auch eine Reihe psychischer Erkrankungen, wie zum Beispiel Angsterkrankungen oder Depressionen zu behandeln, wodurch die damit zusammenhängenden Schlafstörungen ebenfalls erfolgreich therapiert werden. In jedem Fall sollen unrealistische Erwartungen an den Nachtschlaf zurecht gerückt werden, da viele Menschen glauben, gesunder Schlaf würde bedeuten, ohne Unterbrechung die ganze Nacht durchzuschlafen. Richtig ist vielmehr, dass die physiologische, also normale Abfolge der Schlafphasen, mehrmals pro Nacht kurze Wachzustände mit sich bringt. Das Wissen um diese Abfolge und um das individuelle Schlafbedürfnis kann die Angst vor einer weiteren durchwachten Nacht nehmen.“
Tipps für einen guten Schlaf
• Schlafstörungen sollten ernst genommen und entsprechend medizinisch abgeklärt werden. Erster Ansprechpartner dafür ist der Hausarzt.
• Behandlung unerkannter „Grundkrankheiten“ wie Depressionen und Angsterkrankungen.
• Das Bett nur für den Nachtschlaf und sexuelle Aktivitäten aufsuchen.
• Identifizierung und Behebung bzw. Veränderung von Stressoren, Verhaltensweisen und Gewohnheiten, die den Schlaf beeinträchtigen
• Anwendung von Entspannungsverfahren (Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training, Meditation, Yoga, …) und verhaltenstherapeutische Techniken.
• Zeigen die oben genannten Maßnahmen keinen Erfolg, sollten schlaffördernde Psychopharmaka eingesetzt werden.
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