Ein seltenes Ereignis feierte die Pfarre Wolfsegg am Hausruck mit Beginn den neuen Kirchenjahres: Die Heilige Barbara wurde neben dem Kirchenpatron St. Georg neu die zweite Patronin der Pfarre. Der Linzer Generalvikar Severin Lederhilger würdigte dieses Ereignis, das ansonsten nur bei der Neuerrichtung von Kirchen und Seelsorgestellen zum Tragen kommt. Die Pfarre Wolfsegg – eine josefinische Gründung aus dem Jahr 1784 – hatte jedoch um die formelle Einführung des Barbara-Patroziniums angesucht. Beim Jahresgottesdienst des Bergknappenclubs Wolfsegg und der Bergknappenkapelle Kohlgrube am 1. Adventsonntag wurde dies nun vollzogen.
Ein Schritt zur Versöhnung zwischen Kirche und Arbeiterschaft
In der ehemaligen Bergbaugemeinde Wolfsegg des Wolfsegg-Trauntaler Kohlereviers ist die volkstümliche Barbaraverehrung weit verbreitet und verwurzelt. Dies zeigt sich etwa in der Kirchenfahne, auf der beide, Georg und Barbara, immer schon gemeinsam dargestellt waren. Auch in den Zeremonien des Bergknappenclubs spielt es immer wieder eine Rolle, insbesondere das traditionelle Barbara-Gebet. In der Nachbargemeinde Ottnang befindet sich in Thomasroith das einzige Gotteshaus mit einem Barbara-Patrozinium der Diözese Linz.
Pfarrassistent Markus Himmelbauer erzählt: „Für die Pfarre ist das neue Patrozinium ein Schritt, der zweihundertjährigen Entwicklung des Kohlebergbaus an unserem Ort Würde und Wert zu geben. Als im Mittelalter Sankt Georg Kirchenpatron wurde, war dies noch nicht absehbar.“ Die Heilige Barbara stiftet in Stück Heimat und öffnet durch ihre volkstümliche Verehrung die Herzen der Menschen für spirituelle Themen und so für die Anrede Gottes. Die Erhebung der Heiligen Barbara zur Pfarrpatronin von Wolfsegg hätte auch eine weitere kirchenpolitische Bedeutung, sagt Himmelbauer: „Um zu zeigen, dass Arbeiter-Traditionen in der Kirche wirklich denselben Wert haben und dieselbe Zuwendung genießen wie die adelig-herrschaftlichen und bäuerlichen, muss Barbara formal mit derselben kirchenrechtlichen Würde wie Sankt Georg ausgestattet werden.“
Ohne den Rückhalt im Glauben der Menschen am Hausruckkamm wäre ein Antrag nach Rom nur Papier geblieben, so Himmelbauer. Die gelebte Verehrung der Heiligen Barbara hätte dem Ansuchen das Fundament, hätte ihm Nachdruck und Ernsthaftigkeit gegeben: „Wir alle haben das erreicht, was wir heute feiern.“
Das Leben zur Blüte bringen
Beim Festgottesdienst, der von der Bergknappenkapelle Kohlgrube musikalisch gestaltet und durch eine Meditation der Ordensfrau Maria Schlackl SDS eingeleitet wurde, nahm Generalvikar Severin Lederhilger den Brauch der Barbarazweige als ermutigendes Bild für den christlichen Glaubensweg. Nach menschlichem Maßstab war die Märtyrerin Barbara gescheitert, gebrochen wie die Barbarazweige: „Wenn wir heute am Barbara-Fest Obstzweige ins Wasser stellen, dann bringen wir als Christen angesichts der Gebrochenheit des Lebens unsere Hoffnung zum Ausdruck, dass keinem Menschen das Leben je endgültig genommen, sondern zu neuer Schönheit gewandelt wird, ja, zur wahren Blüte gebracht. Wie dies geschieht und wann es passiert, wissen wir ebenso wenig, wie bei den Barbara-Zweigen.“
Lederhilger erinnerte daran, dass Barbara eine der Vierzehn Nothelfer sei, ein Vorbild für eine liebevolle und Leben stiftende Begegnung und Beziehung: Unter uns Menschen brauche es „jene liebevolle Nähe, die einen mit dem Nötigsten versorgt, achtsamer Respekt für die Bedürfnisse von Menschen gerade am Ende ihrer Tage, wo Krankheit und Behinderung viel an Nachsicht und Geduld erfordert. Das ist nicht leicht, dazu braucht es gute ‚Nothelfer‘ und ermutigende Vorbilder im Glauben und im Alltag!“ Im Rahmen des Gottesdienstes übergab Lederhilger das Dekret der vatikanischen Sakramentenkongregation und die bischöfliche Approbation des neuen Patroziniums.
Der Festgottesdienst schloss mit dem traditionellen Totengedenken des Bergknappenclubs beim Wolfsegger Bergmannskreuz. Zur Vorbereitung des neuen Patroziniums war im Herbst eine Wolfsegger Delegation zum Schrein der Heiligen Barbara auf die venezianische Laguneninsel Burano gepilgert.
Foto: Pfarre Wolfsegg/Hofer