„Zappel-Philipp“ und „Hans Guck-in-die-Luft“ – zwei Figuren aus dem Kinderbuch „Struwwelpeter“ – sind wohl auch heute noch die Prototypen von Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörungen (ADHS). Doch was passiert, wenn die Akteure des Kinderbuches des Frankfurter Psychiaters Dr. Heinrich Hoffmann älter werden? Wächst sich das Problem mit der Zeit aus?

„Wir wissen heute, dass jedes zweite Kind, das unter ADHS leidet, auch im Erwachsenenalter mit Problemen zu kämpfen hat“, sagt Prim. Dr. Christoph Silberbauer, Leiter der Abteilung für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin am Salzkammergut-Klinikum Vöcklabruck. „Doch nicht nur die Anzahl der Betroffenen, sondern auch die Symptome verändern sich. Die Zappeligkeit und Hyperaktivität bilden sich zurück und weichen einer ‚inneren Unruhe‘. Erwachsene zeigen dann Konzentrationsschwächen, Terminverfehlungen, können sich in Besprechungen kaum zurückhalten und fallen anderen ins Wort.“
Betroffen von dieser in hohem Maß genetisch bedingten Erkrankung sind vermehrt Buben und Männer. Insgesamt liegt die Häufigkeit von ADHS im Erwachsenenalter bei 2 bis 3 Prozent und ist damit knapp dreimal so hoch wie die von Schizophrenie. Trotz dieser relativ hohen Zahl an Betroffenen bleibt die Erkrankung jedoch auch heute noch bei vielen PatientInnen unerkannt.
„Das Auftreten der Hauptsymptome von ADHS wie Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität sollte sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen Anlass für den Besuch eines psychiatrischen Facharztes sein, um eine umfassende Abklärung und Therapie einzuleiten“, sagt Prim. Silberbauer. „Die Therapie bei Erwachsenen erfolgt unter anderem mit amphetaminähnlichen Medikamenten, die bei richtigem Einsatz in kurzer Zeit beachtliche Verbesserungen der Leistungsfähigkeit der Betroffenen hervorrufen können.
Neben der medikamentösen Therapie gehört eine begleitende Psychotherapie ebenso zum Behandlungsplan wie die Therapie von zusätzlich auftretenden Erkrankungen (sogenannten Komorbiditäten). Zu diesen Begleiterkrankungen zählen oftmals Depressionen, Angst- und Persönlichkeitsstörungen, Abhängigkeitserkrankungen sowie Essstörungen“, weiß der Experte.
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