Vor zehn Jahren wurde die Opferschutzgruppe im Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck gegründet. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie wichtig diese Institution ist. Mehr als 470 Betroffene, zum weit überwiegenden Teil Frauen, haben nach häuslicher Gewalt die Hilfe der ExpertInnen des Klinikums in Anspruch genommen.
Krankenhäusern kommt bei der Versorgung von Opfern nach häuslichen Gewalttaten eine entscheidende Rolle zu. Das gilt nicht nur für die medizinische Behandlung und wichtige Spurensicherung, sondern auch für eine umfassende Unterstützung und Beratung.
„Wir sind als Klinikum sehr oft die erste Anlaufstelle für Opfer von häuslicher Gewalt und informieren diese über Hilfsangebote oder stellen bei Wunsch den Erstkontakt zu externen Opferschutzeinrichtungen wie dem Frauenhaus, dem Gewaltschutzzentrum oder der Polizei her“, erklärt die Gründerin und Leiterin der Opferschutzgruppe, Maria Fitzinger, MA.
Gewalt als Tabu
Die Wenigsten machen aber von sich aus darauf aufmerksam, dass sie Opfer einer Gewalttat geworden sind. Verletzungen werden häufig heruntergespielt und sehr oft stimmt ein vermeintlicher Unfallhergang nicht mit dem Verletzungsmuster überein. Aus Angst vor weiteren Gewalttaten und aufgrund von unterschiedlichsten Abhängigkeiten wird die tatsächliche Ursache für Verletzungen meist verschwiegen.
„Unseren geschulten Kolleginnen und Kollegen der Opferschutzgruppe kommt eine große Verantwortung zu. Vor allem braucht es eine entsprechende Sensibilität, damit sie in solchen Ausnahmesituationen professionell handeln können. Besteht bei der Aufnahme im Krankenhaus der Verdacht auf Gewalt, oder weist die betroffene Person von sich aus darauf hin, dann werden die Opfer diskret und einfühlsam angesprochen.
Wir ermutigen die Patientinnen und Patienten offen mit uns zu sprechen, weil das der richtige Zeitpunkt und die Chance ist, wo sie nicht nur unsere medizinische Hilfe in Anspruch nehmen können, sondern dabei den ersten Schritt aus der Gewaltspirale machen können“, so die diplomierte Sozialarbeiterin Maria Fitzinger.
Krankenhaus als Zufluchtsort
Die Opfer von häuslicher Gewalt wenden sich oft aus Angst und Scham nicht an Hilfseinrichtungen, es fällt ihnen auch schwer im persönlichen Umfeld über ihre Situation zu sprechen. Sie schämen sich, da sie nie damit gerechnet hätten, dass ihnen jemals Gewalt angetan werden könnte.
Auch eine finanzielle Abhängigkeit vom Täter oder die Angst die Kinder zu verlieren, spielen eine große Rolle. „Gerade in ländlichen Regionen ist es den Leuten wichtig, dass ihre Nachbarn nichts mitbekommen. Bevor sie sich jemanden in ihrer Nähe anvertrauen, gehen sie lieber in das anonyme Spital“, weiß Maria Fitzinger aus ihrer täglichen Arbeit zu berichten.
10 Jahre Opferschutzgruppe im SK Vöcklabruck
Die interdisziplinäre Opferschutzgruppe des SK Vöcklabruck setzt sich aus Pflegekräften, ÄrztInnen, PsychologInnen und SozialarbeiterInnen zusammen. Sie versteht sich aber nicht nur als Anlaufstelle für PatientInnen, sondern trägt auch Verantwortung bei der Schulung und Sensibilisierung des Krankenhauspersonals für den professionellen Umgang mit von Gewalt betroffenen Personen.
Mit einem Festakt wurde nun das zehnjährige Bestehen der Opferschutzgruppe gefeiert. Neben einer hochkarätig besetzten ExpertInnendiskussion hat die prominente Journalistin und Sachbuchautorin Yvonne Widler in ihrem Impulsvortrag über Frauenmorde referiert. In Österreich wurden heuer bereits 19 Frauen ermordet, die Zahl der Gewalttaten ohne tödlichen Ausgang ist um ein Vielfaches höher.
Rund jede dritte Frau ist von körperlicher und/oder sexueller Gewalt betroffen. Die Statistik zeigt auch, dass Gewalt vor keiner Tür Halt macht. Sie kommt in allen Gesellschaftsschichten und Altersgruppen vor, betrifft vorwiegend Frauen und ist kontinuierlich im Steigen begriffen. All das unterstreicht die Wichtigkeit und Notwendigkeit von Opferschutzgruppen in den Krankenhäusern.